Über Malerei – Kein Manifest
Über Malerei nachzudenken und das Gedachte dann aufzuschreiben, ist vor allem für einen Maler ein gewagtes Unterfangen. Der Versuch, die eigene Arbeit im Verhältnis zu den großen Künstlern vergangener Epochen und auch einigen der Gegenwart zu betrachten, könnte, wenn nicht anmaßend, so doch übermütig erscheinen. Malerei hat mich jedoch mein ganzes Erwachsenenleben lang, sowohl als Betrachter wie als Maler begleitet. Ich habe mir schon früh die Frage gestellt, was die Entdeckung der Perspektive durch Filipo Brunelleschi in der Kunstepoche der Renaissance mit meinem Bildansatz zu tun hat. Ebenso fand ich es spannend zu erproben, ob der Farbkreis des Johann Wolfgang von Goethe „sinnlich-sittliche“ Wirkung ausstrahlte, wie vom Herrn Geheimrat behauptet oder ob der kühle, klare Farbkreis des Schweizers Johannes Itten aus den 1960er-Jahren besser zu gebrauchen war. Zu einem endgültigen Urteil bin ich bis heute nicht gelangt, aber die Beschäftigung mit der Farbenlehre hat mir als ein Baustein zur Entwicklung meiner Malerei stets geholfen. Das Sehen, Betrachten und Studieren von bedeutenden Gemälden der Kunstgeschichte ist ebenso essenziell gewesen wie das banale Wissen um die Herstellung von Ölfarben oder das Malen mit Eitempera.
Die Geschichte der Malerei hat mich dabei schon immer fasziniert, denn Malerei ist ja so eine Sache, die uns begleitet, seit der Cro-Magnon-Mensch begonnen hat, seine Höhlen zu bemalen. Einige der ältesten Höhlenmalereien stammen aus einer Zeit von vor ca. 40.000 Jahren, wie etwa die El-Castillo-Höhle in Spanien oder die Chauvet-Höhle in Frankreich. Dabei ging es für diese sehr frühen Menschen nach allem, was wir heute wissen, nicht um die Gestaltung ihres Heims, das sie als Jäger und Sammler sowieso nicht lange bewohnten, sondern darum, Nachrichten und Botschaften auszutauschen und gegebenenfalls Götter anzubeten, die ihnen bei der Jagd oder der Aufzucht der Kinder helfen sollten.
(Der gesamte Text ist in dem Buch Frank Dömer Malereien • Paintings 2019 – 2024 zu finden, das 2025 erschienen ist.)