In den Schweizer Bergen photographierte Frank Dömer (*1961) im Jahr 1999
die ersten Farbaufnahmen seiner mittlerweile zu einer umfangreichen Serie angewachsenen „Schweizer
Häuser“. Es sind die Wohnhäuser der Bergbauern, Touristenlager,
Ställe, Lagerschuppen und Almen, die ihm hier begegneten. Die einfache und
doch ganz individuelle Architektur dieser eher unscheinbaren Bauten verblüfft
in ihrer Vielfalt und regte den Maler und Photographen Frank Dömer zu einer
mittlerweile über mehrere Jahre verfolgten Bestandsaufnahme an.
Klar ins Bild gesetzt, erwecken die „Schweizer Häuser“ den Anschein
von Monumentalität, doch es ist spürbar, daß dies nicht zwingend
ihren wirklichen Dimensionen entspricht. Die Landschaft, in die sie eingebettet
sind und die Frank Dömer in anderen Photographien ausschließlich festhält,
zieht sich fast dezent in den Hintergrund zurück, ohne zur reinen Kulisse
reduziert zu werden.
Trotz pittoresker Details wie Pflanzenbewuchs an Mauern, Spuren des Verfalls
oder der Wetterverhältnisse, die einigen der photographierten Häuser
anhaften, sind die Aufnahmen an eine sachliche Herangehensweise gebunden. Die
der Aufnahme korrespondiert mit dem Unspektakulären des Motivs, das sich
weit ab von touristischen Bildern bewegt. Frank Dömer sucht die Orte, an
denen sich die Bauten befinden, über einen längeren Zeitraum und zu
verschiedenen Jahreszeiten auf. Ebenso verändern sich seine Standpunkte,
wenn es das Motiv zuläßt. Er photographiert zum Beispiel in Abfolge
Front-, Seiten- und Hinteransicht ein und desselben Hauses. Damit dokumentiert
er nicht nur einen zeitlichen Prozeß, der manchmal nur kleinen Veränderungen
der Gebäude ablesbar wird (in einem Jahr dekoriert ein gelber Eimer einen
Stall, im nächsten Jahr ist es ein roter Eimer), er vergleicht damit auch
das mit der Kamera gewonnene Bild.
Dömers Gespür für das richtige Licht, das Zusammenspiel der Farben
und die gesetzte Form läßt den Maler erkennen, dessen Interesse für
das Medium Photographie bis in die frühen 1980er Jahre zurückgeht.
1985 hat er das Studium der Malerei an der Städelschule in Frankfurt am
Main aufgenommen. Zu seinen Lehrern zählten Thomas Bayrle, Raimer Jochims
und Per Kirkeby, dessen Meisterschüler er 1991 wurde. Seit mehreren Jahren
läuft Frank Dömers Auseinandersetzung mit der Malerei und der Photographie
in seinem Werk parallel. Hier wie dort geht es dem Künstler um die Exploration
des Bildermachens und die Konkretion des oftmals nur im Vorübergehen Wahrgenommenen.
Einen zweiten thematischen Aspekt in dieser Ausstellung bilden Aufnahmen Frank
Dömers, die in den letzten zwei Jahren im urbanen Kontext von Köln
entstanden sind, wo er seit 1995 lebt. Diese Stadtlandschaften zeigen unter anderem
Straßenzüge von unterschiedlichen Standpunkten, Gleisanlagen, Baustellen
sowie neu errichtete Wohnkomplexe. Köln aus einer anderen Perspektive, diejenige,
die das Ungeordnete, die sich überlagernden zeitlichen Schichten festhält,
oftmals ablesbar an den historischen Hausfassaden mit so modernen Zutaten wie
Reklameschildern, die die Veränderung und die Dynamik, die dem Städtischen
innewohnen, deutlich spürbar werden läßt. In anderen Bildern
ist es die Interaktion von Raum und architektonischer Form, an städtebaulich
undefinierten Orten, das der Künstler thematisiert.
Mehrere hier in einer Gruppe präsentierte Aufnahmen zeigen einen Straßenzug
im Innenstadtbereich von Köln. Zu sehen sind die typischen Bauten vom Ende
des 19. Jahrhunderts, durchbrochen von den schmucklosen Fassaden der Nachkriegsarchitektur,
wie sie auch noch die 1970er Jahre hervorgebracht haben. Frank Dömer hat
darüber hinaus die unmittelbare Umgebung des Straßenzuges photographiert,
ohne diesen direkten Bezug offensichtlich werden zu lassen. Damit wird der gesamte
Bereich in seiner Heterogenität definiert, es gibt keine Klammer, die eine
eindeutige lokale Zuordnung zulässt.
Eine andere Gegenüberstellung zeigt zwei verschiedene Ansichten einer städtischen
Ruhezone, die von einem leeren Wasserbassin dominiert wird, das einen großen
Teil der Bildfläche einnimmt. Bänke säumen den Rand eines schmalen
Rasenstreifens. Die durch das lineare Wasserbassin vorgegebene Flucht im Bild
wird durch kleinere Gebäude gestoppt, die auch real den Abschluß der
so genannten Grünanlage bilden. Das Ensemble ist eher steinern als natürlich
und seine räumliche Unentschiedenheit ist auch in den Photographien spürbar. Als distanzierter Beobachter der ihn umgebenden Formen-Welt sucht Frank Dömer
an jeden Ort zum einen die dort spezifischen Ausprägungen, zum anderen das
Alltägliche und Gewohnte gleichermaßen zu entdecken und im Bild festzuhalten.
Dömer nähert sich all dem auf eine ganz direkte Art und Weise, mit
großer formaler Klarheit und einem aus der langen Beschäftigung mit
der Malerei herrührendem, untrüglichem kompositorischem Gespür.
Claudia Schubert, 2003