Frank Dömer

Claudia Schubert, Frontside - Backside, 2003

Claudia Schubert ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Photographischen Sammlung / SK Stiftung Kultur in Köln.

 

Der Text ist dem Katalog "Kölnquartett 03" entnommen, herausgegeben von: Kunstraum Fuhrwerkswaage, Köln

In den Schweizer Bergen photographierte Frank Dömer (*1961) im Jahr 1999 die ersten Farbaufnahmen seiner mittlerweile zu einer umfangreichen Serie angewachsenen „Schweizer Häuser“. Es sind die Wohnhäuser der Bergbauern, Touristenlager, Ställe, Lagerschuppen und Almen, die ihm hier begegneten. Die einfache und doch ganz individuelle Architektur dieser eher unscheinbaren Bauten verblüfft in ihrer Vielfalt und regte den Maler und Photographen Frank Dömer zu einer mittlerweile über mehrere Jahre verfolgten Bestandsaufnahme an. Klar ins Bild gesetzt, erwecken die „Schweizer Häuser“ den Anschein von Monumentalität, doch es ist spürbar, daß dies nicht zwingend ihren wirklichen Dimensionen entspricht. Die Landschaft, in die sie eingebettet sind und die Frank Dömer in anderen Photographien ausschließlich festhält, zieht sich fast dezent in den Hintergrund zurück, ohne zur reinen Kulisse reduziert zu werden. Trotz pittoresker Details wie Pflanzenbewuchs an Mauern, Spuren des Verfalls oder der Wetterverhältnisse, die einigen der photographierten Häuser anhaften, sind die Aufnahmen an eine sachliche Herangehensweise gebunden. Die der Aufnahme korrespondiert mit dem Unspektakulären des Motivs, das sich weit ab von touristischen Bildern bewegt. Frank Dömer sucht die Orte, an denen sich die Bauten befinden, über einen längeren Zeitraum und zu verschiedenen Jahreszeiten auf. Ebenso verändern sich seine Standpunkte, wenn es das Motiv zuläßt. Er photographiert zum Beispiel in Abfolge Front-, Seiten- und Hinteransicht ein und desselben Hauses. Damit dokumentiert er nicht nur einen zeitlichen Prozeß, der manchmal nur kleinen Veränderungen der Gebäude ablesbar wird (in einem Jahr dekoriert ein gelber Eimer einen Stall, im nächsten Jahr ist es ein roter Eimer), er vergleicht damit auch das mit der Kamera gewonnene Bild. Dömers Gespür für das richtige Licht, das Zusammenspiel der Farben und die gesetzte Form läßt den Maler erkennen, dessen Interesse für das Medium Photographie bis in die frühen 1980er Jahre zurückgeht. 1985 hat er das Studium der Malerei an der Städelschule in Frankfurt am Main aufgenommen. Zu seinen Lehrern zählten Thomas Bayrle, Raimer Jochims und Per Kirkeby, dessen Meisterschüler er 1991 wurde. Seit mehreren Jahren läuft Frank Dömers Auseinandersetzung mit der Malerei und der Photographie in seinem Werk parallel. Hier wie dort geht es dem Künstler um die Exploration des Bildermachens und die Konkretion des oftmals nur im Vorübergehen Wahrgenommenen. Einen zweiten thematischen Aspekt in dieser Ausstellung bilden Aufnahmen Frank Dömers, die in den letzten zwei Jahren im urbanen Kontext von Köln entstanden sind, wo er seit 1995 lebt. Diese Stadtlandschaften zeigen unter anderem Straßenzüge von unterschiedlichen Standpunkten, Gleisanlagen, Baustellen sowie neu errichtete Wohnkomplexe. Köln aus einer anderen Perspektive, diejenige, die das Ungeordnete, die sich überlagernden zeitlichen Schichten festhält, oftmals ablesbar an den historischen Hausfassaden mit so modernen Zutaten wie Reklameschildern, die die Veränderung und die Dynamik, die dem Städtischen innewohnen, deutlich spürbar werden läßt. In anderen Bildern ist es die Interaktion von Raum und architektonischer Form, an städtebaulich undefinierten Orten, das der Künstler thematisiert. Mehrere hier in einer Gruppe präsentierte Aufnahmen zeigen einen Straßenzug im Innenstadtbereich von Köln. Zu sehen sind die typischen Bauten vom Ende des 19. Jahrhunderts, durchbrochen von den schmucklosen Fassaden der Nachkriegsarchitektur, wie sie auch noch die 1970er Jahre hervorgebracht haben. Frank Dömer hat darüber hinaus die unmittelbare Umgebung des Straßenzuges photographiert, ohne diesen direkten Bezug offensichtlich werden zu lassen. Damit wird der gesamte Bereich in seiner Heterogenität definiert, es gibt keine Klammer, die eine eindeutige lokale Zuordnung zulässt. Eine andere Gegenüberstellung zeigt zwei verschiedene Ansichten einer städtischen Ruhezone, die von einem leeren Wasserbassin dominiert wird, das einen großen Teil der Bildfläche einnimmt. Bänke säumen den Rand eines schmalen Rasenstreifens. Die durch das lineare Wasserbassin vorgegebene Flucht im Bild wird durch kleinere Gebäude gestoppt, die auch real den Abschluß der so genannten Grünanlage bilden. Das Ensemble ist eher steinern als natürlich und seine räumliche Unentschiedenheit ist auch in den Photographien spürbar. Als distanzierter Beobachter der ihn umgebenden Formen-Welt sucht Frank Dömer an jeden Ort zum einen die dort spezifischen Ausprägungen, zum anderen das Alltägliche und Gewohnte gleichermaßen zu entdecken und im Bild festzuhalten. Dömer nähert sich all dem auf eine ganz direkte Art und Weise, mit großer formaler Klarheit und einem aus der langen Beschäftigung mit der Malerei herrührendem, untrüglichem kompositorischem Gespür.
Claudia Schubert, 2003

 

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