Aebnet, Schweiz 2004
Andere sagen SCHWEIZ und
meinen etwas anderes. Max Frisch
In seiner seit 1999 anwachsenden fotografischen Werkserie widmet
sich Frank Dömer
dem sperrigen europäischen Nachbarland. Architektur und Landschaft,
Distanz und Nähe, Analyse und Synthese bilden die polaren Bezugsgrößen
seiner künstlerischen Bildarbeit. Mit zwei Werkblöcken (24 C-Prints
im Format 30 x 40 cm; 9 C-Prints im Format 40 x 50 cm) entwirft
der in Köln
lebende Künstler und ehemalige Meisterschüler von Per Kirkeby
abseits vorherrschender Klischees eine präzise wie nüchterne Bestandsaufnahme
schweizerischer Identität.
Von Almhütten und Lager- und Kuhställen bis zu Skiliften und bäuerlichen
Wohnbauten reicht das Arsenal der Bauten, die Frank Dömer in der historischen
Urschweiz rund um Beckenried und den Vierwaldstätter See mit dem fotografischen
Großformat erfasst hat. Bedingt durch ihren ungeschönt funktionalen
Charakter und ihre vereinzelte Platzierung bilden die beton- und holzverkleideten
Architekturen in ihrer Gesamtheit eine bemerkenswerte Typologie des Individuellen,
die sich auch in den Ortsnamen widerspiegelt (z.B. »Treib«, »Seeli«, »Schattenhalb«).
Dömers 24-teilige Bestandsanalyse ist von formaler und inhaltlicher Stringenz
geprägt. Konsequent vermeidet er in seinem Werkblock jeglichen Anflug des
Pittoresken, indem er die charakteristische Eigenheit des Einzelbaus zumeist
mit einer streng sachlichen Aufnahmeweise en face dokumentiert.
Der zweite, 9-teilige Werkblock gewährt einen distanzierten Blick auf das
durch Tourismus geprägte Alpenland, das seit jeher als Vorbild landschaftlicher
Schönheit gilt. Dömers teils panoramisch anmutende Fernsichten sind
nicht auf Überwältigung des Betrachters angelegt, sondern reflektieren
vielmehr die Bedingungen ihrer Bildgattung. Vorbilder der romantischen Landschaftsmalerei
werden zitiert (C.D. Friedrich), zugleich heute visuell ablesbare zivilisatorische
Landschaftseingriffe im Bild nicht ausgeklammert. Gerade durch ihren exzellenten
Farbaufbau, der Dömers malerische Ausbildung attestiert, gewinnen die Landschaftsbilder
eine eigene ästhetische Spannung abseits klischeehafter Kategorien. Anhand
seiner polaren künstlerischen Strategien vermag Frank Dömer ein von
Ambivalenz geprägtes Bild der Schweiz zu skizzieren, das real wie zeitgemäß erscheint.
Christoph
Schaden , 2004