Frank Dömer

Pressespiegel


Landschaft ist stets in Bewegung

von Jürgen Kisters am 1. Juni 2011 im Kölner Stadt Anzeiger

Die Landschaftsmalerei, als Natur- oder Stadtlandschaft, hat eine lange Tradition. Umso schwieriger ist es für zeitgenössische Künstler, neue Varianten in diesem Genre zu entwickeln. Ungewohnte und individuelle Sichtweisen zum Beispiel, die uns die Landschaft in unbekannten Farben und Formen sichtbar werden lassen. Oder konzeptuelle Naturstudien, die den Blick auf völlig unerwartete Aspekte lenken. So macht es beispielsweise der Kölner Künstler Frank Dömer in seinen Gemälden. Waldszenen und Berglandschaften sind bevorzugte Motive seiner Malerei, die durch eine verhalten kraftvolle Farbigkeit und verschachtelte Kompositionselemente besticht. Gelernt hat er diesen gleichermaßen empfindsamen wie konzeptuellen malerischen Zugang zur Landschaft im Kunststudium an der Frankfurter Städelschule bei Per Kirkeby, einem der zeitgenössischen Meister in der künstlerischen Darstellung von Natur- und Landschaftserfahrung. Ebenso ungreifbar virtuos wie sinnlich-bodenständig zeigt Dömer die Landschaft als eine vielschichtige Szenerie, die unaufhörlich in Bewegung ist. In einem Bild lenkt er die Wahrnehmung in der Anordnung von Bäumen auf Elemente der Rhythmisierung. In anderen liegt der Akzent auf Lichtzonen, in denen die Dimension von Offenheit und Weite zur unübersehbaren Größe wird. Während der Künstler in keinem einzigen Gemälde die gegenständlich-gestalthafte Grundlage unserer Landschaftswahrnehmung aufgibt, treibt er die Farben und Formen doch immer wieder entschieden in eine Richtung, in der ihre Verwandlung oder Auflösung sich andeutet. Diese malerische Tendenz zu einer nahezu analytischen Zerlegung unterscheidet ihn von allen romantischen, impressionistischen und sogar expressionistischen Vorgängern der Landschaftsmalerei, in deren Tradition er zugleich fest verwurzelt ist. Im Fazit heißt das: Nicht subjektives Naturgefühl und Träumerei, sondern der Wille zum malerischen Landschaftskonzept sind der Dreh- und Angelpunkt in Dömers Malerei. Dass dem Künstler dabei eine stimmige Verbindung kontrolliert-kalkulierter Abstraktion und handfester Bezauberung gelingt, ist umso verblüffender.



Sehen was dahinter ist

Landschaften des Kölner Malers Frank Dömer von Heidrun Wirth, Kölnische Rundschau, 2010

Etwas Luftiges und Leichtes, etwas Weites, das dem Verschlossenen gegenübersteht, zieht durch die Landschaftsbilder von Frank Dömer, wie derzeit in der Galerie Dreiseitel in Köln, zu sehen. Die Spannung zwischen den eher zurückgenommenen Farben, zwischen Transparenz und Gedecktem, geht über in eine Spannung zwischen den Kompositionselementen und den Strukturen. Milde Pastelltöne (eines Renoir) im Niemandsland von Himmel und weiten vagen Flächen stehen dunklen Blau-Graustreifen (eines Courbet) gegenüber. Klare Ordnungen von fast konstruktiven Elementen wie Brücken oder Straßen kontrastieren mit dem Atmosphärischen. Wichtig ist dem Maler, “dass man immer ein wenig von dem sehen kann, was dahinter ist”. Der in Köln, lebende Frank Dömer, Jg. 1961 und Meisterschüler von per Kirkeby, begann mit abstrakten Bildern und kam erst ganz allmählich im Gegenständlichen an. Als Vorlagen, sozusagen Skizzen dienen ihm Fotografien von Landschaften und Architektur. Eine Autobahnbrücke an der A59 ist nicht mehr eindeutig wiederzuerkennen: Es geht um die Balance zwischen Freiheit in flockigem Auftrag und gebundenen balkenhaften Formen. Auf dem Acrylgrund werden die Ölfarben in vielfachen Übermalungen aufgetragen und doch wirkt die Malerei spontan bis hin zur obersten Schicht mit gestisch flotten Akzenten. Manches Aufrissartige und bisweilen auch ein fröhlicher Duktus à la Matisse erinnern an den Lehrer Per Kirkeby. Und wie bei ihm bleibt das Nicht-ganz-eindeutige, das Geheimnisvolle bestehen. Zur Fern- und Panoramasicht der Landschaften stehen Bilder vom Wald in Kontrast, bei denen man mitten im Dickicht zu stehen scheint. Die dichten vertikalen Stämme in einem schlingernden Drumherum sind im Rhythmus aus härteren Kontrasten und weichen Verwischungen entstanden. es ist ein märchenhafter Wald, nicht so düster wie bei Munch, wohl aber auch romantisch, undurchdringlich und ein bisschen verhext.


 

 

 

Frankfurter Rundschau, Kulturspiegel, SA., 28. 11.92

Frank Dömers Stühle

" Vor knapp hundert Jahren hat Vincent van Gogh zwei menschenleere Stühle porträtiert: den seinen und den des Malerfreundes Gauguin. Beider Verhältnis war nicht krisenfest, die Stuhlbildnisse sind Schicksalsbilder. Das vom Menschen verlassene Sitzmöbel hatte für van Gogh eine starke symbolische Bedeutung.Ähnlich wie für Frank Dömer. Seit einer Weile beschäftigt sich der Frankfurter Maler ausführlich mit dem Thema Stuhl. Anläßlich einer Ausstellung der Marielies Hess-Stiftung wurden die Ergebnisse vor kurzem erstmals öffentlich gezeigt (FR,13.10.92). Nun stellt Dömer, der bei Kirkeby studiert und aus der französischen Maltradition gelernt hat, in der Wiesbadener Altstadtgalerie aus. Auf dem Bild "Im Wasser" ist einer zum Schiff mutiert und fährt einen Strom hinunter. Am Ufer bevölkern Badende schemenhaft das Gebüsch. Getilgt scheinen die Menschen von einem Gemälde mit dem Titel "Absinth", der Paraphrase eines Restaurant-Interieurs von van Gogh: lange Tische, leere Stuhl-reihen. Indes tauchen hinter jüngst gemalten Stühlen plötzlich Gesichter auf. Augen schieben sich vorsichtig über den Horizont der Sitzflächen. Jetzt platzt der Mensch in die Möbelparade, die Atmosphäre ist gespenstisch."
ba


Wiesbadener Kurier, April 93 "Immer wieder tanzt ein Stuhlbein aus der Reihe"

"Die Entdecker der malerischen Perspektive hätten die Hände gerungen. Immer wieder tanzt ein Stuhlbein aus der Reihe, gerät zu kurz oder zu schräg. die perspektivischen Verkürzungen in der schrägen Draufsicht entbehren jeder Logik. Zudem hat jedes Bild eigenen Duktus, spezifische Peinture und Farbprogramm. Ein wahres Chaos: Frank Dömer.Die Art Brut empfahl einst mit der Devise kindlicher Unbeholfenheit und Roheit die Befreiung vom Ballast verbrauchter Malstile als Methode malerischer Selbsterforschung für einen stilistischen Neuanfang. Im Neoexpressionismus der achtziger Jahre wurde die Hoffnung auf Erneuerungschancen für eine gegenständliche Malerei nicht zuletzt aus solcher Empfehlung genährt und nur Voreingenommenheit ließ verkennen, daß hier tatsächlich eine frische, ungewohnte und überraschende Malerei entstand.Die Stühle des Kirkeby-Schülers und Preisträgers der Marielies Hess-Stiftung 1992 - derzeit in der Galerie Stólanóva zu sehen - stehen mit ihrer so verzichtvoll engen Thematik ganz unter dem Zeichen solcher Innovationsabsichten. Wenige Requisiten begleiten den "Publik Enemy" genannten Gegenstand, der doch gewiß auch seine freundlichen Seiten hat - mal ist es eine Jacke über seiner Lehne, ein Malkasten. Topf, Palette oder Flasche ergänzen das Objekt zum Stilleben. Den Hintergrund bildet eine zumeist zweigeteilte Fläche, die Raumtiefe erzeugen kann. Der Faltenwurf eines Vorhangs ist häufig Kulisse und Farbkontrast für einen Stuhl oder ein grobes Gitter - ein Fensterrahmen vielleicht. Unbeholfen die Malweise, eher naiv-derb, das Farbprogramm von symbolhaft-naiver Suggestivität. Auch Kinder malen Stühle grün, pinkrosa, hellblau oder gelb - nicht weil es solche Stühle, sondern weil es solche Farben gibt. Und die Form: klotzig, dann wieder graphisch und grazil, breitbeinig oder plump, funktional oder geradezu kontrafunktional, nur aus Gittern oder Rahmen bestehend. Regellos auch Farbauftrag und Malstil. Vermischte und unvermischte Farben, pastose Farbaufträge, schöne Peinture schlagen unvermittelt in drastische Farbflächenmalerei um. Konturmäßig Pedantisch-Ordentliches konkurriert mit genialer Schlampigkeit, farblicher Entmaterialisierung, die das Objekt der Auflösung preisgibt. Manchmal nagt ein gefährliches Flämmchen an ihm, zerfrißt, verschlingt es, läßt den Stuhl im lodernden Feuer nur noch vermuten. Dann wieder trotzt er ihm unbeschadet. Mit jeder Malweise wird experimentiert. Und es ist vielleicht allzu schonender Ästhetizismus, welcher die Hängung der nahezu vierzig Stuhlversionen unter dem Gesichtspunkt ästhetischer Verträglichkeit vornahm, die der Künstler selbst als en-bloc-Hängung und eben nicht assoziativ beabsichtigte, um schrille Disharmonien nicht zu beschönigen. So schmerzhaft sie empfunden werden, liegt der Sinn der Stuhlproduktion doch in anderer Richtung. Er macht Individuen sichtbar, die eben nicht das Ergebnis der Stil-Brille des Malers sind, sondern ihrerseits durch ihre Eigenart eine spezifische Malweise provozieren. Die assoziative Hängung zu stilverwandten Gruppen verunklärt den Grundgedanken dieser inzwischen auf nahezu Hundert angewachsenen Stuhlbildnisse Dömers, die sich die Freiheit nehmen, die Kategorien häßlich und schön irrelevant zu machen - sowohl was den Gegenstand selbst als auch die Art seiner Darstellung betrifft. Der Betrachter freilich mag herausfinden, ob er eine Bildlösung für sich akzeptiert oder verwirft; eine sanft-pastellige Stuhlarchitektur, einen gelben Hocker in freskoartiger Farbumgebung oder eine rasant-giftige farbdramatische Version scheußlich findet - oder schön."
Anne Stephan-Chlustin


"Von Stühlen und Menschen"junge Kunst in Hessen: Preisträger stellen aus

FAZ, 22.10.1992

Ein Stuhl ist ein Stuhl, und für Frank Dömer ist er Motiv und Anlaß für seine Malerei: In vielen formalen Variationen ist das Bild eines Stuhls auf 34 ganz unterschiedlichen Farbkompositionen im immer gleichen Format zu sehen, die in der seriellen Reihung von suggestiver Wirkung sind. Dömer malt Stühle mit glatten Beinen oder in barocken Formen, Stühle mit darüber gehängten Jacken, einen rosa Stuhl auf tiefblauem Boden und vor roter Wand oder einen Schemel vor einem Hintergrund mit kleinen Quadraten: "Public Enemy" heißt die Werkgruppe dieser 34 Ölbilder des 1961 geborenen Künstlers, der von 1985 bis 1991 an der Städelschule bei Thomas Bayrle und Per Kirkeby studiert hat und seitdem als freischaffender Künstler in Frankfurt lebt.Frank Dömer wurde beim Malereiwettbewerb 1992 "Junge Kunst in Hessen" der Marielies Hess-Stiftung ausgezeichnet, zusammen mit acht anderen Künstlern, von denen jetzt vier ihre Arbeiten im Hessischen Rundfunk zeigen. Neben Frank Dömer...."
Konstanze Crüwell

About Us | Contact Us | ©2010 Dömer